Liebe Leserin, lieber Leser,
mit großen Schritten gehen wir auf das Osterfest zu. Über ein Jahr ist es nun her, dass Russland die Ukraine überfallen hat. Ein Land, in dem Menschen einfach friedlich leben wollen. Wie unterstützt man diesen Wunsch am Besten? Sind Waffenlieferungen und die Neuaufstellung der Bundeswehr wirklich der einzige Weg? Mehr Waffen führen zunächst auf beiden Seiten zu mehr Toten und Verletzten. Eine Aussöhnung wird immer schwieriger.
Doch lässt sich ein Aggressor durch andere Mittel als Gewalt und Abschreckung aufhalten? Die erfolgreichen Strategien eines Ghandi oder Martin Luther King hatten rational handelnde Gegner, denen Menschenrechte nicht fremd waren.
Einfach leben - darum geht es auch bei der Suche nach dem richtigen Umgang mit dem Klima. Wenn es in 50 oder 100 Jahren noch möglich sein soll, auf diesem Planeten zu leben, dann muss sehr schnell sehr viel geändert werden. Der ökologische Fußabdruck der meisten Menschen Europas liegt weit über dem, was der Planet aushalten kann. Einfach leben heißt hier, mein Leben an das anzupassen, was die Schöpfung nachwachsen lassen kann. Nur so werden folgende Generationen überhaupt noch leben können.
In der Suche nach dem Leben blicken wir auf Jesus, der Menschen zurück ins Leben holt und mit der Auferstehung selbst den Tod zu einem Teil des Lebens macht.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostern!
Thomas Gleitz
Einfach leben – wie ein Maulwurf.
Der Maulwurf lebt unterirdisch. Keiner sieht ihn. Aber er geht seinen Weg. Unter der Erde.
Der Maulwurf gräbt sich durch. Alles, was ihm im Weg liegt, räumt er aus. Egal ob Erde, Wurzeln oder Steine – das, was ihm vor der Nase liegt und ihn an seinem Weg hindert, das schleudert er nach oben.
Ich selbst finde das im Garten sehr nervig, wenn ich einen Maulwurfshügel vor meinem Rasenmäher habe. Aber: Bei näherem drüber Nachdenken merke ich: Ich kann viel lernen von so einem Tier.
Was im Weg ist, das schiebt der Maulwurf nicht vor sich her. Da würde er es am nächsten Tag und im nächsten Moment schließlich wieder wegschieben müssen. Es wäre immer wieder im Weg. Nein, der Maulwurf wirft den ganzen Dreck nach oben. Hoch – gen Himmel.
Einfach leben.
Und ich denke an Jesu Wort: Ich lebe und ihr sollt auch leben (Joh 14,19).
Franziska Oberheide, Pastorin
Einfach leben - Alles eine Frage der Betonung?!
So einfach es klingt, ist es nicht. Und je mehr man darüber nachdenkt, desto vielschichtiger wird es.
Je nachdem, wie man diese zwei Worte betont, kommt etwas völlig anderes dabei heraus.
Leben
Legt man die Betonung auf „leben“, so fällt mir folgendes dazu ein:
Lebe einfach, mach Dir nicht so viele Sorgen, mach es nicht zu kompliziert, all Eure Sorgen werft auf ihn, er wird’s wohl machen. Sieh und ergreife Gelegenheiten, Möglichkeiten, nimm Dir nur, was du wirklich brauchst.
Aber: Was brauchst Du?
Sei einfach da, sei Du selbst, sei mit und für andere, steh Dir selbst nicht im Wege, nimm Dein Leben in die Hand, gestalte, probiere, spring über Mauern und Schatten, lebe mit anderen, frag nicht immer nach dem Nutzen, sei da, für Dich und für andere. Schau nach vorne. Lass Dich nicht erdrücken von den vergangenen Tagen und Lasten.
Das ist nicht einfach. Das will jeden Tag neu geübt werden. Allein und gemeinsam mit anderen.
einfach
Betone ich das Wort „einfach“, habe ich noch ganz andere Gedanken und Fragen:
Was brauche ich zum Leben? Was ist notwendig, um ein erfülltes Leben zu führen? Welche materiellen Güter brauche ich wirklich?
Schaue ich mich zuhause um, so gibt es sicher viele Gegenstände, die ich nicht zwingend brauche.
Was brauche ich darüber hinaus?
Ein einfaches Leben – was ist das? Ein erfülltes Leben – was brauche ich dazu?
Was kann ich selbst tun, um Gottes Schöpfung zu erhalten?
Was kann ich selbst tun, um gerechte Teilhabe für alle Menschen zu erreichen?
An dieser Stelle möchte ich keinen moralischen Zeigefinger erheben – mit Blick auf Ostern und die Auferstehung Christi möchte ich aber jeden Tag davon und damit leben, was Jesus Christus gesagt hat: Ich lebe und Ihr sollt auch leben.
Gern würde ich Ihre persönlichen Gedanken, Ideen und Anregungen zu diesen zwei Worten kennenlernen.
Bitte schreiben Sie mir eine Email oder schreiben Sie einen Text und geben ihn in der Stadtkirche ab.
So können wir ins Gespräch kommen und voneinander lernen.
Karola Königstein, Diakonin
Weniger ist mehr
18 Gramm zeigt die Waage – für die Zahnbürste. Oder vielleicht doch lieber eine aus Bambus einpacken? Die wiegt nur 8 Gramm.
Wer auf Fahrt geht, der trägt sein Gepäck auf dem Rücken. Der spart Gewicht. Jedes Gramm zählt. Fahrt: So nennen wir bei den Pfadfindern das, wenn wir unterwegs sind. Zu Fuß. Mit Kochtopf und Zelt. Neues erkunden, Menschen kennenlernen, in der Natur und mit der Natur leben. Auf einfachste Weise. Kein Schnickschnack. Reduziert auf das Wesentliche. Genügsam eben.
Das verstellt nicht den Blick. Nimmt Komplexität raus. Konzentriert sich auf das, was im Leben wirklich wichtig ist. Denn genießen kann nur, wer auch verzichten kann. Weil er wertschätzt, was er hat, statt sich in der Inflation der Dinge zu verlieren.
Das Konzept der Einfachheit haben Pfadfinderinnen und Pfadfinder verinnerlicht. Mit wenig auskommen. Statt Lümmeln auf der Couch Ausrollen der Isomatte. Statt teures Sturmfeuerzeug Feuer machen mit einem Streichholz (nicht mit zwei). Statt Fastfood Kochen am Lagerfeuer – ohne Gaskocher. Statt Abhängen mit dem Smartphone unterwegs sein in der Natur. Einfaches und naturverbundenes Leben. Für Pfadfinder heißt das:
sich achtsam und aufmerksam in der Natur verhalten.
Zusammenhänge in der Natur verstehen lernen.
Liebe zu Tieren und Pflanzen zu entwickeln.
Technik und Ressourcen bewusst und angemessen nutzen.
Umweltschutz betreiben.
Volker Milkowski
Einfach leben...
dazu gehört auch die Selbstreflexion: Was brauche ich wirklich zu meinem Leben. Seit Jahren lädt die Fastenaktion „7-Wochen-ohne“ zu einem temporären Experimentieren mit den eigenen Bedürftigkeiten ein.
Sieben Wochen sind lang genug für ein echtes Erleben und begrenzt genug, um Durchhalten zu können.
Das Thema „Leuchten“ ist eine Anregung. Sie können die Zeit aber auch ganz anders für sich nutzen. Klassisch mit dem Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten oder Ähnlichem oder durch bewusstes Ausprobieren neuer Verhaltensweisen, wie das Auffrischen von Kontakten, nichts mehr aufschieben oder mehr Bewegung.
Mit diesem Heft möchten wir Sie ermutigen, Ballast abzulegen. Das eigene Leben zu entrümpeln, materiell oder seelisch.
Thomas Gleitz
Ralf Meister begrüßt Sie zur Fastenaktion 2023
Liebe Mitfastende,
drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder. Auch wenn umstritten ist, ob der Dichter und Philosoph Dante Alighieri (1265–1321) dies wirklich so schrieb: Die Welt ist voller Schönheit. Doch fällt es angesichts der aktuellen Krisen schwer, das zu sehen. Nicht zu verzagen.
In dunklen Zeiten braucht es Licht, um den Mut nicht zu verlieren. Die Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ der evangelischen Kirche steht deshalb in diesem Jahr unter dem Motto „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“. Wir laden Sie ein, von Aschermittwoch bis Ostern mit uns unterwegs zu sein. „Licht an!“ heißt es in der ersten der sieben Wochen. Wir werden genau hinschauen: auf unsere Ängste (Woche 2) und auf das, was uns trägt und Kraft gibt (Woche 3). In der Mitte der Fastenzeit, der vierten Woche, strahlen und leuchten wir selbst. Von da an rückt Ostern immer näher, und wir gehen gemeinsam (Woche 5) durch die dunkle Nacht (Woche 6) in den hellen Morgen (Woche 7). In den sieben Fastenwochen geht es nicht allein um innere Erleuchtung, sondern auch um die Ausstrahlung auf andere. Werden wir unser Licht auch anderen schenken? Werden wir Helligkeit bringen? Mit unseren Worten, Gesten, unserem Tun?
Die Fastenzeit ist kein Verzicht um des Verzichts willen. Sie führt uns Tag für Tag zu neuen Erfahrungen. Diese Zeit lässt uns mit einem anderen Blick auf die Welt schauen.
Schön, dass Sie dabei sind!
Ralf Meister, Landesbischof in Hannover und Botschafter der Aktion „7 Wochen Ohne“