„Singet dem Herrn ein neues Lied“ - so heißt es in Psalm 149.
Das Singen spielte in der christlichen Kirche schon immer eine große Rolle. Bis zur Reformation war das Singen in den Klöstern oder den Kirchen aber nur den Mönchen, den Scholen oder den Priestern erlaubt. Das „gemeine“ Volk durfte nur zuhören, vielleicht einmal in ein Amen einstimmen. Die Sprache war Lateinisch – wie bis zur Reformation auch die Messe auf Latein gelesen und celebriert wurde.
Martin Luther und auch Thomas Müntzer war es aber wichtig, dass auch das Volk seine Stimme im Gottesdiesnt mit erheben konnte und zwar in ihrer eigene Landessprache, nicht in Latein. Beide hatten etwas unterschiedliche Ansätze, Müntzer übersetzte eher die Gregorianischen Gesänge auf Deutsch, behielt aber die Melodien bei.
Luther dagegen wollte, dass es Lieder mit eigenständigen Melodien waren, die die Gemeinde gut mitsingen konnten. So schuf er aus alten bekannten Hymnen (das waren frei gedichtete geistliche Lieder mit lateinischem Text) neue Melodien und dichtete neue Texte in deutscher Sprache dazu. Ebenso nahm er weltliche Melodien, die den Mernschen bekannt waren und dichtete einen neuen geistlichen Text auf Deutsch dazu. Diese Lieder nannte man Kontrafakturen.
So konnte man z. B. auf das gehörte Evangelium den Inhalt noch einmal durch das Singen der Lieder bekräftigen.
Die Lieder wurden aber nicht nur in der Kirche, sondern auch zuhause in der Familie oder draußen beim gemeinsamen Zusammensein gesungen. Die neuen geistlichen Lieder gehörten so zum Alltag.
Der Buchdruck spielte in der Reformationszeit eine ganz große Rolle. So konnten Texte und auch Noten jetzt zu Papier gebracht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die Lieder wurden zuerst nur auf Flugblättern veröffentlicht und verteilt. Je mehr die Bildung zunahm, desto eher war es den Menschen möglich, auch die Texte der Lieder selbst zu lesen.
Da es immer mehr neue Lieder gab, wollte man diese auch zusammentragen. Eines der ersten Gesangbücher war das Achtliederbuch von 1524. Danach entstand 1524 in Erfurt „Ein Enchiridion oder das Handbüchlein geistlicher Gesänge und Psalmen“. In diesem Gesngbuch standen 26 Lieder von Martin Luther, Paul Speratus, Justus Jonas, Erhard Hegenwald und sogar einer Frau, Elisabeth Cruciger.
Johann Walter, ein Mitstreiter Luthers, der auch der erste Kantor genannt wurde, verfasste das erste Chorgesangbuch, sein „Geystliche gesanck Buchleyn“ mit Sätzen bis zu 6 Stimmen. Bis 1544 wurde diese Ausgabe bis zur 5. Auflage ständig erweitert.
Durch die Gesangbücher und natürlich auch die Bibelübersetzung wurde auch die deutsche Sprache in dem Flickenteppich Deutschland vereinheitlicht und war deswegen von großer Bedeutung.
Im Laufe der Jahrhunderte gab es weitere Gesangbücher, die auch immer neue Lieder aus der jeweiligen Epoche dazu bekamen. Im 17. Jahrhundert, in der Zeit des 30-jährigen Krieges, gab es einen sehr bekannten Lieddichter: Paul Gerhardt. Er schrieb viele Lieder, die wir auch heute noch in unserem Evangelischen Gesangbuch von 1991 haben. Johann Crüger, ein Zeitgenosse Paul Gerhardts, schrieb viele Meldodien und Sätze zu Gerhardts Liedern.
Auch im 20. Jahrhundert gab es wieder neue Gesangbücher. Bis dahin waren es Gesangbücher, die in der jeweiligen deutschsprachigen Region genutzt wurden.
Das erste evangelische Gesangbuch, das für die gesamte EKD in Gebrauch kam, war das EKG, das Evangelische Kirchengesangbuch, das nach dem 2. Weltkrieg 1950, entstand.
In den Jahren 1991-1996 wurde das noch heute im Gebrauch befindliche
EG, das Evangelische Gesangbuch, in allen Evangelischen Landeskirchen in Deutschland und zum Teil in den deutschsprachigen Gemeinden im europäischen Ausland eingeführt.
Im Moment arbeitet man wieder an einem neuen Evangelischen Gesangbuch.
Das Evangelische Gesangbuch ist ein Schatz von Melodien aus mehr als 500 Jahren und lädt uns Sonntag für Sonntag und darüberhinaus immer noch zum gemeinsamen Singen und zum Lobpreis Gottes ein!
Claudia Wortmann