Was wäre Wunstorf ohne die Stiftskirche? Seit Jahrhunderten ist sie prägend für die Silhouette der Stadt. Majestätisch, gleichsam wie eine Gottesburg, steht sie von Süden aus gesehen da.
Ein riegelartiger Turmschild schirmt sie im Westen von der Stadt ab.
Aus Anlass des1150- jährigen Jubiläums von Stift und Stadt Wunstorf im Jahre 2021 wurde die Stiftskirche durch die Klosterkammer Hannover wieder gründlich renoviert , und es gab etliche Vorträge über die Baugeschichte. Doch ein Detail blieb ausgespart: das ist die Sakristeikapelle.
Gut 150 Jahre früher führten die hannoverschen Landbaumeister Comperl und Wellenkamp schon einmal nötige Baumaßnamen durch; eher unauffällig entstand dadurch an der Nordseite des Chores eine neue Sakristeikapelle.
Es ist ein sakraler Raum, der den wenigsten Stiftskirchenbesucher*innen bekannt sein dürfte. Sein Licht bekommt er durch eine kleine Fensteröffnung. Die drei Metallkreise, welche das Fenster stabilisieren, stammen wohl aus der Renovierung um die Mitte des 19.Jahrhunderts.
Zu den führenden Bauräten der Klosterkammer, die die Renovierungsarbeiten der Stiftskirche in den Jahren 1967/ 68 beaufsichtigten, gehörte Erik Ederberg. Aus erweitertem Interesse schrieb ich ihm Ende 2000 einen Brief und hatte Fragen zu dem Fenster. Er selbst hatte über 30 Jahre kein Echo bemerkt; umgehend antwortete er mir:
„Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“(Matth. 18, 20). und weiter: “In frühchristlicher Zeit war der Delphin ein Symbol des rettenden Christus und wurde jedenfalls bis in das 16.Jh. verwendet. Der Anker,Symbol der sicheren Ruhe in Christus, verbunden mit dem Delphin als Christussymbol bedeutet, dass ich in dem Erlöser Ruhe habe; er hält mich. Ferner versinnbildlicht die Verbindung mit zwei begleitenden Fischen Standhaftigkeit und festen Glauben. Auch ist hierbei an die Taufe erinnert. Wir, die Fischlein bzw.Gemeinde werden im Wasser geboren. So schließt sich ein Kreis auch mit Bezug auf Matthäus.
Zum ersten Streifen oben wäre noch zu sagen, dass Rot Sinnbild für die Liebe Gottes ist und das Blut des Opfertodes bedeutet. So kann man weiter Blau mit Christus gleichsetzen, Rot und Blau vereint als Heilung und die himmlische Liebe. Goldgelb ist vor allem die Farbe der Offenbarung, des Heiligen Geistes.“
Herr Ederberg schließt seinen Brief mit den Worten “Möge jedem davor meditierend selber weiteres einfallen“.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die beste Wirkung durch das durchscheinende Licht einer morgendlichen Sonne entsteht.
Der Name des Künstlers indes ist unbekannt geblieben; aber seine Botschaft lebt in seinem Glasfenster fort.
REINHARD PLATE